Die Öffentlichkeit erwartet, dass die Sicherheitsbehörden das Risiko für neue Sexualstraftaten durch bekannte Sexualstraftäter so gering wie möglich halten. Um diesem Bedürfnis nach Schutz gerecht zu werden, entwickelte das Justizministerium unter Beteiligung des Innenministeriums und des Gesundheitsministeriums die Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (KURS) in NRW. Diese Konzeption vereinbart die Zusammenarbeit der beteiligten Behörden, ergänzt die Maßnahmen der Führungsaufsicht und regelt den möglichst frühen Informationsaustausch zwischen Justizvollzugsanstalt oder Maßregelvollzugseinrichtung, Führungsaufsichtsstelle, Bewährungshilfe, Staatsanwaltschaft und der Polizei. Neben den justiziellen Aktivitäten der Führungsaufsicht, die auf Resozialisierung, gesellschaftliche Integration, therapeutische Nachsorge und Kontrolle ausgerichtet sind, unterstützt die Polizei durch eigene Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und leitet bei Bedarf strafrechtliche Ermittlungen ein.
Enge Zusammenarbeit von Polizei und Justiz
Der Informationsaustausch und die enge Zusammenarbeit zwischen Landeskriminalamt NRW (LKA NRW), Kreispolizeibehörden, Maßregelvollzugseinrichtungen und Justiz gewährleistet, dass aus der Haft entlassene rückfallgefährdete Sexualstraftäter nicht in die Anonymität abtauchen. Sie werden in ein justizielles und polizeiliches Maßnahmenkonzept eingebettet, durch das kritische Veränderungen in der Lebensführung oder Verhaltensänderungen frühzeitig erkannt und erforderliche Maßnahmen veranlasst werden können. Dadurch wird die Gefahr einer Rückfalltat gemindert, gänzlich kann ein Rückfall aber nicht verhindert werden.
Nachdem Sexualstraftäter ihre Haftstrafe oder Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beendet haben, werden sie in die Freiheit entlassen. Damit haben sie ihre Strafe verbüßt und sind freie Bürger, die wieder in die Gesellschaft eingliedert werden sollen. Andererseits kann von ihnen eine erhöhte Gefahr für neue Sexualstraftaten ausgehen. Vor der Entlassung des Betroffenen erlässt die zuständige Strafvollstreckungskammer einen Führungsaufsichtsbeschluss, der spezielle Weisungen gemäß § 68 b Strafgesetzbuch für den zukünftigen KURS-Probanden beinhaltet. Durch diese Weisungen soll der Entlassene von bestimmten Verhaltensweisen abgebracht werden, die das Risiko eines Rückfalls erhöhen. Führungsaufsicht und Polizei überwachen die Einhaltung dieser Weisungen. Verstöße können eine Straftat gemäß § 145 a Strafgesetzbuch darstellen und führen zu neuen Ermittlungsverfahren.
Zentralstelle KURS im LKA NRWDie Zentralstelle KURS beim LKA NRW führt die bei Staatsanwaltschaft, Justizvollzugsanstalt oder der Maßregelvollzugseinrichtung vorliegenden Informationen über den Verurteilten zusammen. Die Informationen über die vorausgegangene Sexualstraftat, das Verhalten während der Haft/Unterbringung und Gutachten werden dort zu einer Prognose zusammengefasst. Hieraus wird eine individuelle Beurteilung des zu Entlassenden erarbeitet und der Kreispolizeibehörde bereitgestellt, in der der zukünftige KURS-Proband wohnen wird. Der zuständige Bewährungshelfer der Justizbehörde und der KURS-Ansprechpartner der zuständigen Kreispolizeibehörde nehmen zu jedem KURS-Probanden regelmäßig Kontakt auf und verdeutlichen, dass sie ihn auch nach der Entlassung „im Auge“ behalten.
Die Zentralstelle KURS des LKA NRW berät und unterstützt die KURS-Ansprechpartner in den Kreispolizeibehörden zu rechtlichen und taktischen Aspekten. Bei anlassbezogenen Fallkonferenzen besprechen sowohl Angehörige der Zentralstelle als auch die Vertreter aller beteiligten Institutionen die aktuelle Entwicklungen der KURS-Probanden und mögliche Reaktionen.
Erfolgreiches Konzept
Durchschnittlich werden in NRW ca. 1.000 KURS-Probanden zeitgleich für die Dauer ihrer Führungsaufsicht betreut. Diese dauert in der Regel fünf Jahre. Wissenschaftliche Studien über die Rückfallquoten von Sexualstraftätern gehen von ca. 20 Prozent der Entlassenen aus, die wieder eine Sexualstraftat begehen. Da in NRW bei den Betroffenen der Konzeption KURS eine Rückfallquote von ca. drei Prozent belegt ist, kann dieses Konzept als erfolgreich bezeichnet werden.